Paul wer? Paul Thompson heißt der neue Trainer in Schwenningen. Ein 53jähriger Engländer mit singapurischen Wurzeln und ohne nennenswerte Spielerkarriere, der den Großteil seiner Coachingzeit in der drittklassigen englischen Liga verbracht hat, dort aber immerhin viermal den Titel holte. Natürlich kann man jetzt alle Witze von „Hoffentlich kommen wir nie ins Elfmeterschießen“ bis zu „Der Mann vom Brexit für den DELexit?“ reißen und natürlich ist es richtig auf die niedrige Qualität der englischen Liga hinzuweisen – aber bei einer genaueren Betrachtung kann man einige andere Aspekte feststellen. Gleich z.B. zum Satz davor. Auch in einer schwächeren Liga muss man sich erstmal gegen alle Konkurrenten durchsetzen, das hat er mehrfach geschafft und das ist ein Qualitätsmerkmal.
Blicken wir auf die Rahmenbedingungen in Schwenningen: Man steht im Keller, die Mannschaft ist limitiert und Geld ist auch nicht im Überfluss vorhanden – welcher Trainer aus dem oberen Regal ist da überhaupt bezahlbar und gewillt das Himmelfahrtskommando unter Rumrich anzutreten? Ein Krupp oder ein Zach würden zur Bedingung machen, dass ein Rumrich geht. Davon kann man doch ausgehen. Also muss man entweder einen der Haudegen wie Bill Stewart suchen, die schon überall waren und einen zweifelhaften Ruf im Gepäck haben. Oder man nimmt einen Unbekannten, man geht ins Risiko. Das ist genau das Risiko, dass wir als Underdog und kleiner Club auch mal gehen müssen.
Thompson hat nichts zu verlieren. Eine schlechtere Bilanz als Cortina ist kaum möglich, er kann also nur positiv überraschen. Und Rumrich weiß auch, dass er ein Manager auf Abruf ist. Auch wenn die Gesellschafter (noch) nicht zu einem Kurswechsel bereit sind, der gute Jürgen weiß, dass viel dazu nicht fehlt. Top-Trainer bekommt er nicht, also hilft es ihm doch auch, wenn er sich da einen Unbekannten ins Team holt.
Und in der Vergangenheit? Ein Stefan Mair kam ebenfalls aus einem unterklassigen Eishockeyland. Die Zeit mit ihm war gar nicht so schlecht, dafür hat manch Kanadier hier bitterlich enttäuscht.
Also: Es liest sich lustig, aber man sollte ihm eine Chance geben. Für mich ist das genau so ein ungewöhnlicher Weg, der Schwenningen auch ausmachen kann. Ich habe keine Ahnung wie er coacht, auf was er Wert legt, welches Eishockey er spielen lassen möchte – aber ich bin darauf gespannt. Immer was neues am Neckar.