Es ist gerade mal eine gute Woche her, dass die sportliche Leitung mit der Weiterverpflichtung von Andree Hult für viel Mißstimmung unter den Schwenninger Fans gesorgt hat. Man sagte außerdem, der Kader sei voll und klar – man wolle die Augen und Ohren offenhalten, doch angesichts der Rückgänge im Sponsorenbereich hat ernsthaft keiner mit einer weiteren Verpflichtung gerechnet. Bonjour Tristesse rund um das Schwenninger Moos. Mitten rein in diese Stimmung platzte gestern die Verpflichtung von Rihards Bukarts. So schnell und so sinnvoll, das kam überraschend und hier muss man dem Management ein Lob für diesen Coup zollen.
Klar, man kann kritisieren, ob man statt Hult und Bukarts nicht lieber einen überragend guten Spieler geholt hätte, aber es weiß keiner von uns wie die genauen Abläufe waren und wie schnell ein Bukarts verfügbar war und so weiter. Betrachtet man das unter sportlichen Gesichtspunkten, dann hat man mit Bukarts sehr viel richtig gemacht. Er ist mit gerade einmal 22 noch richtig jung, richtig hungrig und als Lette technisch und läuferisch gut ausgebildet und hat im letzten Jahr in einer erfolgreichen Berliner Mannschaft mit sehr viel Energie gespielt. Obwohl er erst sehr spät zum Team stieß und die mangelnde Eingespieltheit offensichtlich war, konnte er respektable 8 Punkte in 16 Spielen einfahren.
Bukarts ist dazu endlich der ersehnte Rechtsschütze für die vorderen Sturmreihen und passt mit seiner technisch orientierten Spielweise und der überschauberen Körpergröße genau in unser Konzept. Dazu bringt er Erfahrung aus der AHL und KHL mit und hat für Lettland schon an zwei Weltmeisterschaften teilgenommen. Er gibt uns mehr Optionen und Tiefe, erhöht den Druck auf unsichere Kantonisten wie Rech oder Bartalis und gibt Hult das beruhigende Gefühl, dass es jetzt nicht ganz so tragisch ist, wenn der sich seine üblichen Verletzungspausen nimmt. Am meisten an der Verpflichtung begeistert mich aber das Entwicklungspotential.
Wir sprechen in Schwenningen gerne von „jungen deutschen Spielern“ und meinen dann Leute wie Höfflin, Bittner oder Sacher. Diese sind aber gar nicht mehr jung, die sind bald im besten Eishockeyalter und da ist die Entwicklung vom Talent zum gestandenen Spieler bereits abgeschlossen, da sind keine großen Sprünge mehr zu erwarten. Bei Bukarts ist das anders, der kann wirklich noch explodieren.
Bleibt natürlich die Frage, warum so einer nach Schwenningen kommt, der im Umfeld der WM noch davon gesprochen hat, dass er sich selber in der KHL/NHL sieht. Klassischer Fall von „verzockt“ vermutlich. Aber das ist gar nicht negativ gemeint und jeder Spieler, den wir holen, hat so seine Macken. 11 Vereine in 9 Jahren, munter verteilt über alle Kontinente, da kommt ein Wandervogel, da kommt keiner, der sich konstant mit einem Verein identifziert, vielleicht auch kein ganz einfacher Charakter. Er sucht seine Chance und wenn er bei uns die Leistung bringt, dann ist er schneller wieder weg als in Schwenningen das Bier verbraucht wird. Doch ein Jahr Freude kann er uns dann immer noch machen.
In der Summe hat sich nach letzter Woche einiges aufgehellt und es ist im Nachhinein schade, dass man ihn und Hult nicht gleichzeitig oder in umgekehrter Reihenfolge verkündet hat. So hat man sich unnötig Ärger eingefangen. Der Kader ist jetzt natürlich auch kein sicherer Play-Off Kandidat – das wäre in Schwenningen auch vermessen – und es bedarf weiterhin vieler „Wenns“ und „Wäre wäre Fahrradkette“ für den Erfolg, aber ein paar grundlegende Sorgen – auch im Hinblick auf die finanzielle Ausstattung – hat diese Verpflichtung zumindest bei mir vertreiben können.
Letzte Woche habe ich uns keine Chance gegeben, jetzt sehe ich immerhin die Chance auf eine Chance auf die Play-Offs. Und das ist das Los der Wild Wings und das ist auch gut so. Packen wir es an.