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Bauernhockey und Frostfussball

Posted by on März 25, 2018

Sommerpause – und wenn man nicht heimlich unter der Bettdecke den Adlern etwas gönnen möchte, dann ist das Thema Eishockey erstmal gestorben. Zeit für einen kleinen Bericht und einen Blick über den Tellerrand. Ein beruflicher Aufenthalt in England ließ sich mit einem Wochenende in London und mit dortigem Eishockey verbinden. In der Stadt selber gibt es zwar keinen nennenswerten Club, aber Guildford ist mit dem Zug 45 Minuten entfernt und dort gibt es mit den Guildford Flames – die nicht nur beim Namen sondern auch beim Logo eine starke Inspiration aus Calgary nicht leugnen können – ein Team, das im Mittelfeld der Tabelle beheimatet ist. Gegner an einem frostigen Sonntag abend waren die Coventry Blaze. Die Eishalle befindet sich außerhalb des Städtchen in einem großen Freizeitkomplex, man teilt sich einen gemeinsamen Eingang und Kassenbereich mit Schwimmbad, Bowlingbahn, Fitnesstudio, etc.. Energetisch macht die Kombination Sinn, aber das Stadionbier muss hier im Schwimmbadcafe getrunken werden, alternativ gibt es Obst und Smoothies und die Zeit bis zum ersten Bully kann man sich damit verteiben, dass man durch Panoramascheiben den Badenixen beim Plantschen und Rutschen zuschaut.

Auf die Frage an der Kasse, ob ich mir schon Gedanken gemacht hätte, wo ich sitzen möchte, antworte ich, dass ich überhaupt nicht sitzen will. Und – in der Tat – es gibt Stehplätze. Für knapp 16 Pfund werden die Plätze direkt am Plexiglas hinter einem Tor als Stehplätze verkauft. Sonst hat die Halle noch knapp 1.800 Sitzplätze. Das Spiel endet mit 1:3 für den Gast, Guildford ist eigentlich das bessere Team, aber dank Torwartfehler und glücklichem Abpraller vom Schiedsrichter kann Coventry mit 3:0 in Führung gehen. Niveaumäßig fühlt man sich an dunkelste Zweitligazeiten erinnern, so ein Dienstag in Weißwasser war ähnlich begeisternd. Bauernhockey? Durchaus, jedes Team hat den einen oder anderen grobschlächtigen Charakter im Team, der das Eislaufen für sich zu keiner Zeit erfunden hat und jede Pub-Schlägerei bereichern würde. Man google mal nach Danick Paquette. Dazu gibt es ein paar Ausländer, die in England ihren Karriereabend verbringen. Bei Coventry steht ein Nastiuk im Tor, dazu ein Adam Courchaine, der bei seinem Tor kurz seine Klasse aufblitzen lässt, ansonsten aber ein Schatten vergangener Tage ist. Für die EIHL reicht es.

Im Stadion gibt es kein Bier – es ist verboten Alkohol zu trinken wenn man die Eisfläche sehen kann. Stattdessen Pommes und ein Kaffeeautomat. Und die Stimmung? Gut 30 Gästefans sind aus Coventry mit, beim Heimteam gibt es einen „Guildford Dancers“ – Block, der bei jeder Musikeinspielung des DJs kräftig tanzt. Auch die gegnerischen Fans beteiligen sich zu klassischer „Put your hands up in the air“ Animaton. Schlachtrufe und Fangesänge sucht man vergeblich, es ist aber absolut friedlich und mehr ein Familienereignis. Viele Kinder sind dabei.

Ganz anderes dagegen am Vortag beim Trivialsport. Englischer Fußball ist und bleibt ein Männerbusiness. Im zugigen Stadion von Fulham beim Derby gegen die Queens Park Rangers finden sich kaum Frauen, die dem Schneeregen trotzen wollen. Das Stadion in Fulham – Craven Cottage – ist ein englisches Stadion alter Schule. Gemauerte Tribünen mit ranzigen Holzsitzen, enge Eingänge und eine Lage mitten im Wohngebiet. Man ist nah dran, man riecht den Rasen und fühlt sich atmosphärisch an den alten Bauchenberg erinnert. Das Spiel ist spannender, Fulham gibt eine 2:0 Führung noch aus der Hand und am Ende trennt man sich 2:2. Ehrlicher englischer Fussball.

 

Stimmungsmäßig ein großer Unterschied zu Deutschland, kein ultragesteuertes Absingen wie in der Sonntagsmesse, sondern melodische und spielbezogene Anfeuerungsrufe, die aus allen Ecken des Stadions kommen. Dazu die Eigenheiten, wie das namensgebende Craven Cottage, ein Jagdhaus am Spielfeldrand von dessen Balkon die Spielerfrauen aus ihren Männern zuschauen dürfen. Fulham – auch wenn es nur die zweite Liga ist – ist ein schönes Beispiel für englischen Fußball, der durch Investoren noch nicht – oder nicht mehr – seinen ursprünglichen Charakter verloren hat. Hat sich gelohnt.

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