Zugegeben, der Titel ist provokant gewählt, denn ich möchte hier nicht den Trainer zur Diskussion stellen, sondern über den Trainer diskutieren. Jetzt – gegen Ende der Saison, wo die Entscheidungen gefallen sind – kann und muss man das auch machen. Während der Runde habe ich mich bewußt zurückgehalten.
Insgesamt bin ich mit der Arbeit von Stefan Mair zufrieden. Wir haben wie schon mehrfach besprochen eine gute Runde gesehen, viele tolle Spiele gehabt und insgesamt mehr oder weniger das Potential gesehen, dass in dieser Mannschaft gesteckt hat. Natürlich hat Mair auch Fehler gemacht – doch die haben wir alle gemacht. Für Trainer, Spieler und Fans war das erste DEL-Jahr ein Lehrjahr und während sich die Spieler aufeinander verlassen können, steht der Trainer exponiert alleine im Kreuzfeuer der Kritik. Dafür hat er seinen Job ganz ordentlich gemacht.
Es mag sein, dass er kein einfacher Mensch ist und manchmal aneckt, doch das ist besser als ein Trainer, der sich von den Kanadiern auf der Nase rumtanzen lässt. Wenn das ganze Team unisono den Trainer lobt, dann würde mir das mehr Sorgen bereiten als wenn wie bei uns immer mal wieder einzelne kritische Stimmen auftauchen. Pierre Page hat über Scotty Bowman, den erfolgreichsten Trainer der NHL Geschichte gesagt: “ […] aber die Spieler haben ihn 364 Tage im Jahr gehasst. Der einzige Tag, an dem sie ihn mochten, war der Tag, an dem sie den Stanley-Cup in die Höhe streckten. […]“ Deswegen: Ein Chef muss auch mal durchgreifen, ein Chef muss auch mal lautwerden und gerade Eishockey ist kein Ponyhof und die Spieler sind auch untereinander keine Waisenknaben. Die kritischen Stimmen, die es über Mair gibt, sind für mich geschenkt.
Denn der Grad ist schmal und immer eine Frage der Sichtweise: Positiv belegte Akribie kann man je nach Laune negativ als Kontrollfreak auslegen. Am positivsten zählt da für mich immer noch die Verpflichtung von Dave Chambers, die für mich den Blick über den Tellerrand widerspiegelt.
Bei aller Sympathie gibt es drei Kritikpunkte, die immer wieder auftauchen und die man auch nicht so einfach wegdiskutieren und deshalb ruhig einmal andiskutieren kann:
Powerplay
Zweifelsohne ist unsere Powerplay Quote mit 15,1% bescheiden, auch wenn wir uns mit Köln und Mannheim da in renommierter Gesellschaft befinden. Und gerade das 5-gegen-3 am vergangenen Sonntag war herzzerreißend. Man kann natürlich lange diskutieren, ob jetzt der Trainer oder die Spieler dafür verantwortlich sind – am Ende muss der Trainer den Kopf hinhalten, auch wenn wir sicher nicht die idealsten Spielertypen für die Special Teams haben. Es würde schon die eine oder andere zusätzliche Variation im Kader reichen, dann ist auch da ein Fortschritt möglich. Denn im letzten Zweitligajahr hatten wir mit über 20% das zweitbeste Powerplay. Mair kann es im Prinzip – und wenn es weiter scheitert, dann sollte er wie bei Chambers die Größe besitzen und sich zusätzliche Hilfe ins Boot holen. Mit Wayne Hynes hat man einen exzellenten Powerplay-Spieler in der Organisation, der in Überzahl die Ruhe weg hatte. Warum nicht Hynes zum Training bitten und ihn mit den Jungs arbeiten lassen? Dieses Wissen muss man nutzen und er könnte der Sache Gewicht geben.
Junge Spieler
Auch das ist ein oft genannter Kritikpunkt. Ja, es ist richtig, dass man mit Gelke, Kimmel und MacKay drei junge Spieler verloren hat und weit und breit keiner aus dem eigenen Nachwuchs an der Tür zur ersten Mannschaft anklopft? Doch kann man das alles Mair anlasten? Ich meine es ist zumindest in diesem Jahr schwer, denn sowohl Gelke, wie auch Kimmel und MacKay wurden für die zweite Liga verpflichtet und hatten – bei aller Liebe – nicht das Format für die DEL. Das sieht man an MacKay, der in München versauert oder Kimmel, der es nicht schafft bei einem Team aus dem DEL2-Tabellenkeller zu glänzen, genauso wie Gelke, der in der Oberliga auch nicht gerade mit dem Bäume ausreißen begonnen hat. Ohne passendes Spielermaterial kann ich auch keine jungen Spieler fördern. Dass er es grundsätzlich kann hat er als Trainer italienischer Nachwuchsmannschaften bewiesen und zeigt er auch am Beispiel Mirko Sacher, der von ihm regelmäßig Eiszeiten bekommt. Auch Pielmeier oder Sulkovsky (die sind keine jungen Spieler, aber bilden die vierte Reihe) werden regelmäßig eingesetzt. Ein konsequentes Spielen mit zwei Reihen ist bei Mair nicht zu beobachten.
Aller validen Entschuldigungen zum Trotz gelten diese im nächsten Jahr nicht mehr in Form. Dann haben Mair und Jäger Zeit sich die jungen Spieler zu suchen, die sie auch für DEL-tauglich halten. Und dann muss man diese auch einsetzen, fördern und spielen lassen.
Auszeiten, Torwartwechsel, Reihenumstellungen, Backup, etc..
Das halte ich persönlich für Spielerei – die Auswirkungen von Auszeiten und Torwartwechseln werden überschätzt und im Nachhinein ist man immer schlauer und hat als Fan leicht reden. Und wir haben einen viel spielenden Torwart und keine zwei gleichwertigen – was soll man denn da groß machen, wenn gleichzeitig auch noch akzeptable Ergebnisse erwartet werden? Ebenso muss man als Underdog auch mal die Reihen umstellen, probieren ob etwas funktioniert, was sich vielleicht nicht direkt anbietet. Ist ja nicht so, dass wir irgendwann eine Reihe hatten, die alles in Grund und Boden gespielt haben. Wenn man es unbedingt möchte, dann kann man es sogar positiv so auslegen, dass wir unberechenbarer werden. Also alles Argumente, die gerne gebracht werden um zu motzen wenn man dazu unbedingt einen Grund braucht.
Klappt ein Reihenwechsel, dann war es ein Geniestreich, wo der Fan sagt „Hätte ich genauso gemacht!“ und gibts ein Fiasko, dann sagt der Fan „Wie kann er nur?„. Alles natürlich schön vom bequemen Tribünenplatz aus. Wer nichts macht, macht auch keine Fehler.
Fazit
Wenn man die Sache mal genauer betrachtet und nicht die Enttäuschung seiner eigenen überzogenen Erwartungen auf den Trainer projeziert, dann hat Mair aus meiner Sicht gar nicht soviel falsch gemacht. Wir sind nur ein Kellerteam, wir haben ein kleines Budget und wir würden in einer „normalen Sportart“ nur gegen den Abstieg spielen. Und nur weil wir mal Köln geschlagen haben wird das nicht zum Alltag, sondern bleibt ein besonderes Bonbon im Saisonverlauf. Reduziert man seine Erwartungen und betrachtet die Saison unter den gegebenen Voraussetzungen, dann hat Stefan Mair – zumindest für mich – ingesamt ordentliche Arbeit abgeliefert. Es gibt Schwächen, es gibt Punkte wo er sich verbessern muss, aber ich würde ihn mit einer 2- auf dem Zeugnis in die Sommerferien schicken.
Welche Note würde er bei Euch bekommen?