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Die Frage nach der Identität

Posted by on Mai 11, 2015

Wer sind wir? Wer wollen wir sein und wofür steht das Schwenninger Eishockey? – Die letzte Saison und die lange Sommerpause geben einem viel Zeit zum Nachdenken. Wie bereits geschrieben hat mich die letzte Saison enttäuscht, nicht nur sportlich, das kann passieren. Auch im Umfeld ist vieles schief gelaufen und vieles, was ich am Schwenninger Eishockey immer gemocht habe, droht mir dabei auf der Strecke zu bleiben.

Als ich zu DEL-Zeiten angefangen habe, waren wir ein Underdog-Team und irgendwie stolz darauf. Dorfkult. Das gallische Dorf. Solche Schlagwörter machten die Runde. Und natürlich haben wir Spieler und Trainer kritisiert, geflucht und gepfiffen – doch das Ausmaß an Anschuldigungen, Beleidigungen und Unverständnis wie in diesem Jahr hatten wir damals nicht. Es wäre zu einfach dies auf das geänderte Medienverhalten zu schieben. Natürlich können durch Facebook und Co. gewisse Lautsprecher viel leichter um Gehör werben, aber das Problem liegt viel tiefer. Wir sind Erfolgsfans und ein Erfolgsclub geworden. Die langen Jahre in der Spitzengruppe der zweiten Liga haben uns dahingehend überhaupt nicht gut getan, dass wir mit völlig überzogenen Erwartungen in die DEL gestartet sind. Insofern fehlt dann auch die Demut und der Respekt vor der sportlichen Realität. Im Verhältnis zu den anderen haben wir nicht mehr Geld als vor 15 Jahren – aber jeder erwartet insgeheim, dass es so weiter geht wie in Liga 2. Wir brauchen mehr Gelassenheit im Hinblick auf sportliche Leistungen und die latente Unzufriedenheit, der selbstgemachte Druck und der viel zu schnell und viel zu heftig ausbrechende Unmut können einem – oder zumindest mir – richtig den Spaß an den Spielen und der Saison verderben.

Ich gewinne auch lieber, als das ich verliere und gewinnen können wir alle – mit Anstand verlieren kann man in Schwenningen leider kaum noch.

Weiterhin haben wir uns immer gerne als Verfechter des ehrlichen und echten Eishockeys gesehen, als Kämpfer für Auf- und Abstieg und als Gegner von Tripcke, Harnos und Konsorten. Und nun? In Rekordzeit haben wir uns in der DEL assimiliert und uns in der Unabsteigbarkeit bequem eingerichtet. Es wird offen verteidigt, dass das doch für uns ganz gut so war und die Vorstellung eine Relegation gegen Bietigheim zu spielen – oder gar zu verlieren – ruft größere Angstzustände hervor als der nicht-vorhandene Auf- und Abstieg noch Emotionen weckt. Dass die GmbH-Führung den Ligakollegen nach dem Mund redet, das wundert mich nicht – aber dass viele Fans sich kommentarlos und so zügig im Wind gedreht haben, das enttäuscht mich sehr. Ja, ich hätte lieber gegen Bietigheim die Relegation verloren, als im wochenlangen Schaulaufen ohne jegliche Spannung die Klasse zu halten und die Politik der DEL stillschweigend zu verteidigen. Wo ist der Aufschrei?

Wir waren auch immer stolz auf unsere Rivalitäten, haben die Heilbronner – auch und gerade aufgrund ihrer engen Mannheimer Verbindungen – abgelehnt. Freiburg war ein rotes Tuch. Und jetzt? Auch hier haben wir uns in Rekordzeit arrangiert. Dem einstigen Erzrivalen im Tal werden munter die Daumen gedrückt und mehr über eine intime Farmteam-Kooperation geredet als über die eigene Jugend. Was wir mit Freiburg vorhaben – und was sich offensichtlich auch viele wünschen – ist genau die gleiche Farmteam-Konstruktion, die wir zwischen Mannheim und Heilbronn jahrelang bekämpft haben. Dass man offen über Kooperationen und Leihgeschäfte mit den ebenso ungeliebten Adlern aus Mannheim spekuliert, passt da ganz gut ins Bild. Mag sein, dass es die Zeichen der Zeit sind und ich will das Konzept der jungen Spieler keineswegs verteufeln (Im Gegenteil, ich finde den Weg von de Raaf sehr gut), aber jetzt das zu predigen was wir jahrelang als Schreckensszenario in die deutschen Eishallen getragen haben – das hat schon janusköpfige Züge.

Sind wir auf dem Weg zum Popcorn-Club mit Event-Publikum? Vom Gesangswettbewerb ist es nicht mehr weit zu Maskottchen und Cheerleadern, die über das per Beamer auf das Eis projezierte seelenlose Logo tanzen. Kriegen wir wieder die Kurve zur echten Schwenninger Identität oder hänge ich da romantischen Träumen hinterher? Doch können wir die Alternativ überhaupt stemmen oder fehlen uns schlicht die finanziellen Mittel um den Erwartungsdruck dauerhaft zu befrieden? Ich bin echt gespannt, teils besorgt und sehe das Schwenninger Eishockey am Scheideweg. Was sind wir, was wollen wir und was werden wir sein?

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