Das trifft das letzte Wochenende wohl ganz gut. Trotz Pause, trotz internem Tacheles, trotz dem Willen zur Verbesserung – an der Leistung der Wild Wings gegen Krefeld und Düsseldorf gibt es nicht viel zu beschönigen. Die Leistung ist nicht die, die das Schwenninger Publikum sehen will und sicher auch nicht die, die Team und sportliche Leitung von sich selbst erwarten. Habe ich im letzten Beitrag noch die Meinung vertreten, dass man intern sicher alle Optionen durchgespielt hat, so muss ich heute leider konstatieren, dass die getroffenen Entscheidungen nicht die gewünscht Wirkung haben. Die offensichtliche Blockade der Mannschaft konnte nicht aufgelöst werden.
Was also tun?
Aus meiner Sicht bleiben noch zwei Möglichkeiten.
Erstens: Wir gestehen uns ein, dass mit dieser Truppe nicht mehr geht. Die sportliche Leitung legt die Fakten auf den Tisch, deckt auf bei welchen Spielern welche Probleme vorlagen und vorliegen und dass man zwar alles versucht hat, es aber einfach nicht zu mehr reicht. Unter Umständen wäre das gnadenlos ehrlich und dann könnte man auch mit Mair weitermachen, würde die Saison abschreiben und in Ruhe am nächsten Jahr basteln.
Doch gäbe es diese Ruhe? Nein. Denn ein Saisonende Mitte November, das wird keiner akzeptieren. Das wäre Betrug an den Dauerkartenkäufern, das ist nicht zu vermitteln und würde uns langfristig schaden.
Bleibt also noch zweitens: Nachdem Worte nicht geholfen haben, müssen Taten folgen. Und das können in einer Sportmannschaft dann nur personelle Konsequenzen sein. Einen oder mehrere Spieler rauswerfen? – Das können wir uns nicht leisten und hat in dem Business keinerlei Tradition? Die Mannschaft mit mehreren Spielern deutlich verstärken? – Dazu fehlt das Budget. Den Trainer entlassen? – Nun ja, das ist eine einfache Lösung, verhältnismäßig preiswert und bietet als netten Nebeneffekt auch jemanden frei Haus, auf den Fans und Team die ganze Schuld abladen können. Die kochende Schwenninger Fanseele wäre kurzfristig mal beruhigt.
Ich bin kein Freund von schnellen Trainerentlassungen und ich bin weiterhin der Meinung, dass Stefan Mair gute Arbeit geleistet hat, aber letzten Endes vermutlich am Team und den Umständen scheitern wird. Er reißt sich den Arsch auf, aber es scheint nicht zu reichen. Wir werden nie erfahren, ob es fehlendes Standing aufgrund Herkunft und Vita oder was auch immer gewesen ist – aber ein Ruhmesblatt für das Team, das nach dem Derbysieg viele Herzen gewonnen hat, wäre die Demission von Mair definitiv auch nicht.
Noch im Konjunktiv?
Solange es nicht verkündet ist, bleibe ich natürlich noch im Konjunktiv. Aber ich rechne auch damit, dass die Mechanismen des Geschäfts nicht mehr aufzuhalten sind. Sollte es soweit kommen, dann sollte man Stefan Mair mit Respekt verabschieden – denn böse Absicht oder Faulheit darf man ihm nicht vorwerfen.
Allerdings gehe ich davon auch aus, dass der Konjunktiv nicht mehr lange Bestand haben wird und ich gehe davon aus, dass das Team zumindest einen Impuls bekommt. Evtl. löst es die Blockade. Fraglich ist wie lange er hält.
Und dann man muss auch die Frage stellen, wer dieses Team zusammengestellt hat? Fragen, ob als Schlüsselspieler vorgesehene Leute wie Goc oder O’Connor noch eine ganze Saison im Tank haben? Fragen, ob ein Rome tatsächlich das Niveau für eine führende Rolle in der DEL hat oder in den Prügeljahren der DEG nur der Einäugige unter den Blinden war? Fragen, ob man wirklich davon ausgegangen ist, dass Spieler wie Schlager, Wilhelm oder Green allesamt ihre Karrieresaison wiederholen können? Fragen, ob man nicht doch zuviele Spieler im Kader hat, die eigentlich nur Zweitliga-Leute sind? Fragen, ob das Team nicht viel zu alt ist und der Fokus auf Spieler am Ende ihrer Karriere (statt junger, hungriger Leute – die dazwischen kriegen wir sowieso nicht) falsch gesetzt wurde? Fragen, ob ein Palmieri wirklich fit ist? Fragen, ob es richtig war einem Ausländer aus der 2. Reihe in Österreich eine führende Rolle in der DEL zuzutrauen? Fragen, wie das langfristige Konzept überhaupt aussieht, wenn man hauptsächlich Ü30-Leute holt?
Bei aller Liebe – selbst der härteste Mair-Gegner wird ihn nicht für alles verantwortlich machen können.
Doch Ende dieses Exkurses – zurück zur Trainerfrage
Auch wenn die Trainerentlassung einfach aussieht, so einfach ist sie gar nicht. Stellen sich doch zwei Punkte, die zu beachten sind: Budget und Nachfolger.
Budget: Mit der Verpflichtung von Palmieri war in der Presse mehr oder weniger deutlich zu lesen, dass das Budget ziemlich ausgereizt ist. Kann man sich die Mair-Entlassung überhaupt leisten? Oder muss man sich die Mair-Entlassung zwingend leisten, weil sonst die Zuschauereinnahmen einbrechen? – Man muss diese Fragen aus meiner Sicht nicht beantworten, denn ich halte unsere Gesellschafter für kluge Geschäftsleute. Und angesichts unserer Underdog-Rolle ist eine Trainerentlassung etwas, das man mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit einfach einkalkulieren muss. Ich bin überzeugt davon, dass dafür irgendwo ein Geldsack eine stille Reserve vorhanden ist.
Nachfolger: Der Sprung vom Budget zum Nachfolger ist leicht, denn bei machen Fans werden Namen wie Laporte oder Krupp hochgehandelt. Das ist genauso so irre wie unsere Truppe sicher in den Play-Offs zu sehen. Klar, auch ich würde Jäger/Mair gegen Nethery/Krupp eintauschen – aber ich würde auch gerne jede Woche Freibier haben. Unrealistisch. Ein Laporte war zwei Jahre in Ambri und dann fünf Jahre bei einem der Etat-Spitzenreiter der DEL – was der Mair bei uns im Jahr verdient hat, kriegt ein Laporte jeden Morgen in der Kabine als kleine Aufmerksamkeit zugesteckt. Über die Vita von Uwe Krupp brauchen wir nicht weiter zu reden. Diese Leute in Schwenningen zu sehen ist unrealistisch.
Bleibt also eine kleinere Lösung oder die interne Lösung. Die interne wäre Wayne Hynes zu befördern. Hätte Tradition, wäre ich aber kein Freund von. Durchgreifen ist viel viel einfacher, wenn man von außerhalb kommt und nicht mit der Hälfte des Teams schon Chicken Wings all-you-can-eat essen war.
Und die kleine Lösung: Ein Trainer aus der DEL 2? Jemanden aus Nordamerika? Kim Collins wieder mal? – Ich kenn‘ den Markt der Trainer nicht, aber mögliche Kandidaten sollten zumindest Deutsch können (die Fans hier wollen auch mal mit dem Trainer reden) und eine gewisse Erfahrung und Reputation mitbringen. Mit einem Neuling haben wir zwei Jahre lang gute Erfahrungen gemacht, dann jetzt aber auch die Grenzen aufgezeigt bekommen. Hier ist Fingerspitzengefühl und eine gute Spürnase gefragt, jemanden der die nötige Erfahrung, das nötige Standing mitbringt, durchgreifen kann, aber gleichzeitig auch eine langfristige Lösung sein kann. Wenn da so eine Schmalspurlösung wie Ron Pasco oder Sprittig bei rauskommt, dann kommen wir vom Regen in die Traufe.
Wie dem auch sei – jede Entscheidung hat ihre Schattenseiten und die nächsten Wochen bleiben spannend. Am besten schlagen wir Freitag die Adler – das hilft immer. 😉