Das Versagen des deutschen Spitzeneishockeys

..namentlich der DEL. Mit der heutigen Stellungnahme zur aktuellen Situation erreicht die DEL einen neuen Tiefpunkt. Die unverblümte Forderung nach Steuergeldern für internationale Milliardkonzerne wie Red Bull, SAP oder die Anschutz Entertainment Group, die sich ein Eishockeyteam als Abschreibungsobjekt halten, schlägt für mich dem Faß den Boden aus. Dazu in einer Größenordnung, die die bisher im Raum stehenden 800.000 Euro pro Club um mehr als das fünffache übersteigt. Glaubt wirklich ernsthaft jemand, dass die deutsche Politik den durch eine EU-Richtlinie vorgegebenen Finanzrahmen europaweit ändern lässt oder bewusst EU-Recht bricht um – Entschuldigung – popeliges deutsches Eishockey zu retten, das außerhalb der überschaubaren Fanblase kaum jemanden wirklich interessiert?

Die Stellungnahme ist ein überragender Nachweis von akutem Realitätsverlust. Die DEL ist seit der Gründung nahezu durchgehend ein Zuschussgeschäft. Eishockey lebt nicht auf einer soliden Basis, Eishockey ist seit Jahrzehnten eine Spielwiese von Mäzenen, Konzernen und dubiosen Figuren. Auch wenn die Zahl der Insolvenzen in den letzten Jahren zurückgegangen ist, ein Eishockey-Etat ist grundsätzlich auf Kante genäht und in vielen Standorten werden Jahr für Jahr siebenstellige Fehlbeträge stillschweigend ausgeglichen. Im Grunde genommen sind es vierzehn kranke Unternehmen für die es objektiv kaum einen nachvollziehbaren Grund gibt, sie mit Staatshilfen am Leben zu halten.

Natürlich ist die DEL eine Lobbyorganisation für ihre Mitglieder und ich kann für die Forderungen auch ein gewisses Verständnis aufbringen, aber es stinkt zum Himmel – und hier liegt das Versagen – das man in den letzten sechs Monaten der Pandemie nichts, aber auch gar nichts, unternommen hat, um alternative Vorschläge zu erarbeiten. Kein Eigenbeitrag, keine alternativen Vermarktungsmodelle, keine Kostenreduzierung, kein kreatives Querdenken. Stattdessen werden überall munter die Kader vervollständigt. Als Krönung spekuliert man in Köln dann noch über Einsätze von Leon Draisaitl. Was ist das denn für ein Bild wenn man Steuergeld haben will?

Warum denkt man nicht quer um die Saison zu überbrücken? Es geht ja vor allem um ein Jahr. Ein Jahr. Die Kader reduzieren, die Ausländer reduzieren – das spart Geld. Um die Belastungen für die dann nur noch drei Reihen zu reduzieren spielt man eben nur noch zwei Drittel. Zwei Spiele hintereinander bei einem Gegner um Reisekosten zu sparen. Alles möglich wenn man will. Dazu mit der Telekom abgestimmt eine Einzelvermarktung der Spiele. Eishockeyfans sind leidensfähig, sind spendabel – aber sie mögen es nicht verarscht zu werden. Und mit dem reinen Jammern nach dem Staat kann man kaum Zustimmung einsammeln. Sechs Monate Eier kraulen und nichts auf die Kette bringen – das ist das Versagen der DEL.

Nächster Punkt in der Causa Realitätsverlust ist die Forderung nach verbindlichen Zusagen zum 2. Oktober. Um es auf den Punkt zu bringen: Niemand wird zum 2. Oktober eine verbindliche Zusage machen, dass man bis in den Mai hinein konstant mit mindestens 50% Zuschauerauslastung spielen wird dürfen. Niemand! Selbst wenn, es reicht ein Blick aktuell nach München um festzustellen, dass eine solche Zusagen im November oder Dezember binnen Tagen obsolet werden kann. Dazu braucht es nur ein paar steigende Fallzahlen an den jeweiligen Standorten und es wird ganz schnell keine Zuschauer mehr geben.

In der Summe kann das Fazit nur lauten: Es wird keine Saison geben. Das ist traurig und natürlich trägt Corona die Hauptschuld bzw. die Verantwortung daran, aber das Bild, das die DEL abgibt ist eine Katastrophe. Wiedermal. Die anderen Profiligen von Fußball bis Basketball wollen und werden spielen, die DEL 2 und die Oberliga planen fest ihren Saisonstart – nur das Eishockey-Aushängeschild kriegt es wieder mal nicht hin. Ein Trauerspiel.

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Stand der Dinge

Warum war hier so lange Funkstille? Es hatte private – schöne – Gründe, aber es ist auch eine zunehmend gewachsene Frustration, mittlerweile an der Schwelle zur Resignation und Gleichgültigkeit.

Es ist ein Geschäftsführer, der aus Opportunitätsgründen die Wahrheit so hinbiegt, wie es ihm gerade passt. Begonnen damit, dass er ausführt vom sportlichen weit weg zu sein um sich im selben Atemzug ins Sportliche einzumischen. Da erklärt man die späte Trennung von Thompson damit, dass man nur dadurch die Chance hatte überhaupt Sundblad und Limaatainen zu bekommen, da die sonst nicht auf dem Markt gewesen wären. Entlassen wurden sie in Schweden vor über einem Jahr und waren vertragslos. Da wird alle drei Wochen davon gefaselt, dass der Bauantrag für den Stadionumbau in Kürze eingereicht wird, es werden diverse Pläne unter Zugrundlegeung zweifelhafter Auslastungszahlen halbgar kolportiert, im nächsten Entwurf dann die Eisfläche verkleinert – nur der angekündigte Dialog, die transparente Information, die bleibt auf der Strecke. Und das wo auf der Geraden treue Fans seit mehreren Jahrzehnten stehen, die Schwenningen schon im Herzen getragen haben, als ein Herr Sandner noch aus der Nuckelflasche getrunken hat. Und verdiente und langjährige Mitarbeiter, ein Wolfi, der für Schwenningen steht wie kaum einer, wird mit einem kalten „Herr Stegmann hat gekündigt“ abgekanzelt. Für wie blöd hält man uns Fans eigentlich? Wie toll und überlegen fühlt sich ein Herr Sandner? Es mag sein, dass er betriebswirtschaftlich was auf dem Kasten hat, das kann ich nicht beurteilen. Aber er hat in seiner ganzen Zeit nicht ansatzweise einen Draht zu den Schwenninger Fans gefunden, keinen Weg gefunden sie einzubeziehen, er hat Schwenningen und seine Besonderheiten nicht verstanden.

Es ist auch der sportliche Misserfolg, mit dem ich aber leben könnte, wenn man sichtbar etwas an den Ursachen ändern würde. Man hat über die Jahre alles getauscht, von Spielern über Trainern und im Umfeld, nur eine Person blieb konstant: Jürgen Rumrich. Rumrich, der ein netter und integrer Mann ist, man kann ihn durchaus als ehrliche Haut bezeichnen. Aber er konnte es nicht und er kann es nicht, ihm fehlt das Netzwerk, ihm fehlt der Biss und die Härte bei der Vertragsgestaltung, ihm fehlt das Händchen für den Kaderbau. Manche Anfeindung mag unfair gewesen sein und hat über das Ziel hinausgeschossen, aber ihn über die Jahre immer wieder zu protegieren, weil man sich privat so gut versteht, das ist ab einem bestimmten Punkt schlichtweg nicht mehr nachzuvollziehen. Zumindest für mich. Dann der Rücktritt zum Saisonende – bei sowieso auslaufendem Vertrag übrigens. Garniert mit deutlichen Vorwürfen an die bösen Fans zwischen den Zeilen und ohne ein wirkliches Wort der Reflexion, dass er einen starken Anteil am sportlichen Misserfolg hat. Im weiteren Verlauf der Saison dann ein öffentliches Anbiedern, der mehrfach geäußerte Wunsch ihn doch bitte, bitte in der Organisation zu behalten. Auch hier ohne ein Gespür für die Fanseele. Der Schwenninger Fan kann mit Misserfolg umgehen, er mag es aber nicht, wenn er verarscht wird.

Es ist weiterhin eine Fluktuation auf der Geschäftsstelle und im Umfeld, das Gefühl, dass alles was Schwenningen die letzten Jahre und Jahrzehnte ausgemacht hat, langsam aber sicher den Bach hinuntergeht. Angefangen von roten Trikotfarben über Regulierungen von Spruchbändern bis zu den Abgängen von altgedienten Recken wie Wolfi oder Olli Bauer. Die Wild Wings Organisation wird kalt, wird austauschbar, verliert das Familiäre, verliert das, was es immer ausgemacht hat. Fans werden zu Zahlvieh. Und selbst darüber macht man sich hinter verschlossenen VIP-Türen noch lustig.

Und zu guter Letzt am heutigen Tag der, ich kann es nicht anders sagen, ekelhafte Ausverkauf. Sich vor zwei Jahren noch über Krefeld echauffieren und jetzt selber alles rauswerfen, was nicht niet- und nagelfest ist. Natürlich geht es sportlich um nichts mehr, natürlich kann ich Geld sparen – aber ich trete alle sportlichen Werte mit Füßen, ich verarsche Dauerkarten- und Tageskartenkäufer und ich verzerre den Wettbewerb in der Liga. Ich habe immer gehofft, dass mein Club sich nicht auf dieses Niveau begibt, inzwischen würde ich mich nicht mal mehr wundern, wenn Herr Werner die Telefonnummer von Herrn Westhelle schon prophylaktisch gespeichert hat und wir uns gegen einen sportlichen Abstieg im nächsten Jahr mit juristischen Spitzfindigkeiten am grünen Tisch wehren würden.

Vielleicht ist es nicht mehr mein Schwenningen, vielleicht ist es nicht mehr meine Welt. Es wäre schade.

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Stimmungsaufheller

Die Schwenninger Fanseele ist nach der enttäuschenden Saison immer noch sehr fragil. Paul Thompson und Michael Werner mit ihren Analysen zur Saison haben durchaus den richtigen Nerv getroffen und zumindest einen kleinen Funken Aufbruchstimmung erzeugen können. Die Verpflichtung von Christopher Fischer – einem gestandenen DEL-Verteidiger – stieß ebenfalls auf positive Resonanz. Doch die Kernfrage für viele Fans wird weiter die Ausländerfrage bleiben. Nachdem man sich von fast allen getrennt hat, ist hier jeder gespannt, wen die Verantwortlichen an den Neckar lotsen können.

Wie zart das Pflänzchen Aufbruch ist, konnte man dann in der letzten Woche sehen. Mit Maximilian Hadraschek und Evan McGrath tauchten zwei Spieler in der Gerüchteküche auf, die all den Frust wieder hervorbrachten. Der eine ein beliebiger DEL2 Spieler mit kaum ersichtlichem Potential für die DEL und dazu noch in einem Alter, in dem er nicht mal einen der benötigten U23 Spots belegen oder eine Förderlizenz in Anspruch nehmen kann. Der andere ein alternder kanadischer Weltenbummler, der es in den letzten fünf Jahren zu sieben Clubs in fünf Ländern brachte und zuletzt weder in Kassel in der DEL 2 noch im niveaumäßig überschaubaren England begeistern konnte. Sollte so der Neuanfang aussehen? Will man sich so verbessern?

Dazu dann noch die medial begleitete USA Reise von Jürgen Rumrich und Paul Thompson, die in Teilen an einen Touri-Trip zweier kindlich-naiver Eishockeyfans erinnerte, die endlich mal in einem NHL Locker Room posieren durften. Rumrich im Nachgang mit seinen gewohnt ungeschickten Aussagen in der Presse „Wir sind in die USA geflogen und verpflichten jetzt einen Spieler aus Europa. Es ist kein Finne. *hö hö*“ und Paul Thompson mit absolut selbstverständlichen Phrasen in der Art, dass man dort mit Leuten geredet hat und jetzt die Spieleragenten kontaktiert.

Stimmung im Keller? Ja. Doch dann kam die erste Verpflichtung ausländischer Art im Sturm. Matt Carey. Niemand hatte ihn auf dem Zettel, niemand hatte ihn gerüchtet. Wir müssen uns nix vormachen, Carey wird die Liga nicht in Grund und Boden schießen, aber im Gegensatz zum Vorjahr wo man einen Top-Center ankündigt und dann Hult verlängert, entspricht der Spieler hier auch dem, was man im Vorfeld als Kriterien aufgestellt hat. Kanadier. Harte Spielweise. Grit. Robust. Ordentliche Werte in der AHL (z.B. die 21 Saisontore in Hartford). Dazu Europa-Erfahrung. Schon alleine der Fakt, dass man mit einer einfachen Youtube Suche mehr Checks von ihm findet, als Bartalis in drei Jahren bei uns gefahren hat, lässt ihn als positives Upgrade erscheinen. Und so ist auch die Resonanz unter den Fans. Vorsichtiger Optimismus.

Es zeigt, wie problematisch die Situation noch immer ist, wie schnell alles kippen kann und wie vorsichtig die sportliche Leitung auch sein muss, welche Verpflichtungen sie wie bekanntgeben und was sie überhaupt so in der Presse äußern. Es kann nächstes Jahr besser werden, aber es ist ein langer Weg. Carey ist ein erster vorsichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Im Hinblick auf den Sommer macht mir auch etwas Sorgen – der Exkurs am Ende sei mir noch erlaubt – dass Paul Thompson genauso wie Jürgen Rumrich gerne und sehr freigiebig mit der Presse plaudert. Dass sich die beiden dabei widersprechen, ist schon mehrfach vorgekommen und natürlich ist das etwas, was die Presse genüsslich mitnimmt. Gerade jetzt schon wieder im Bezug auf zwei mögliche Verpflichtungen aufgrund der USA-Reise.

Rumrich: „Wir hoffen hier zeitnah auf eine positive Entscheidung. Die beiden Spieler haben aber auch noch andere Angebote und wollen sich erst einmal alles anhören“
Thompson: „Wir haben jetzt zwar noch keine konkreten Angebote rausgeschickt, aber wir haben die Spieleragenten kontaktiert.

Sprecht Euch ab oder lasst doch bitte alles über den Tisch des Pressesprechers laufen!

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Pressekonferenz: Kader 2019/2020

Mister Thompson, bitte erläutern Sie uns doch den nun fertigen Kader für die kommende DEL-Saison der Wild Wings.

Sehr gerne. Wir wollen in diesem Jahr aggressiver spielen, mehr Härte und mehr Leidenschaft. Das haben wir uns bei der Teamzusammenstellung als Prämisse gesetzt. Ich habe schnell gelernt, dass man in Schwenningen „ehrliches Eishockey“ sehen möchte. Jürgen und ich haben viele Wochen in Eishallen in Europa und den USA verbracht und wir sind der Meinung, dass wir ein Team gebaut haben, mit dem sich die treuen Schwenninger Fans wieder identifizieren können.

Blicken wir zuerst auf das Tor. Dort hat sich ja wenig getan.

Ja, mit Dustin Strahlmeier haben wir eine hervorragende Nummer 1 und Ilya Sharipov aus Bietigheim ist ein motivierter junger Torwart, der unbedingt seine Chance in der DEL suchen will. Er wird seine Einsätze kriegen und ist begierig darauf, sich in der DEL zu beweisen.

Weiter vorne stehen dann die Verteidiger, hier gibt es einige bekannte Gesichter.

Benedikt Brückner und Dominik Bohac sind solide Verteidiger, die man bedenkenlos in den hinteren Reihen einsetzen kann. Boaz Bassen wird seine Chancen kriegen und hoffentlich den Sprung schaffen, Mirko Sacher traue ich eine tragende Rolle zu. Auf dem deutschen Sektor haben wir dann noch Emil Quaas für ein Jahr aus München ausgeliehen, ein sehr talentierter Spieler.

Für die beiden Kontingentstellen haben wir mit Gleason Fournier einen extrem laufstarken Offensivverteidiger verpflichtet, den ich schon in meiner Zeit in England geliebt habe. Er wird das Publikum begeistern und auch im Powerplay eine tragende Rolle spielen. Etwas defensiver, aber dafür mit einem harten und präzisen Schuss ist Eric Knodel ausgestattet, der auch das notwendige Gardemaß mitbringt.

Es gibt auch noch eine echte Überraschung, einen Rückkehrer.

Ja, ich glaube es freut unsere Fans besonders, dass wir als 10. Ausländer Matt Pelech zurück nach Schwenningen locken konnten. Wir wissen, dass er hier sehr beliebt ist, er ist flexibel als Verteidiger und Stürmer einsetzbar und soll wieder als Polizist auf dem Eis fungieren.

Schwachpunkt im letzten Jahr war die Offensive, da hat sich einiges getan. Erklärung Sie uns das Konzept der Reihen.

Wir mussten sechs neue Ausländer verpflichten, das war nicht einfach, aber ich glaube wir haben da gute Arbeit geleistet.

Tye McGinn ist ein robuster Flügelspieler mit Torriecher. Ihn haben wir ebenso wie unseren neuen Center Tyler Sikura bei unserer Reise nach Chicago gescoutet und verpflichtet. Für Sikura hat sich eine NHL-Karriere zerschlagen, weshalb er sich nun nach Europa orientiert. Ähnlich verhält es sich mit Cole Schneider, für den der Weg in die NHL auch endgültig verbaut zu sein scheint.

Josh Pitt kenne ich noch sehr gut aus meiner Zeit in Sheffield, ich traue ihm zu die zweite Reihe anzuführen. Sondre Olden ist ein flexibler Flügelstürmer, trotz seiner Größe läuferisch gut und mit viel Erfahrung in Europa. Ryan Hayes kenne ich ebenfalls auch noch aus England, er hat in den letzten beiden Jahren in der NLB überzeugt und wir sind froh, dass wir ihn von den befreundeten GCK Lions loseisen konnten. Im Gegenzug werden wir zwei Testspiele dort veranstalten.

Und wie sieht es in den hinteren Reihen aus?

Markus Poukkula und die beiden Weiß-Brüder habe ich für eine kampfstarke dritte Reihe vorgesehen, die aber durchaus auch Tore schießen kann. Insbesondere bei Alexander und Daniel Weiß habe ich in den Gesprächen eine große Motivation feststellen können, wieder in der Heimat zu spielen.

Simon Danner soll – trotz der verlorenen Kapitänsbinde – mit seiner Erfahrung die vierte Reihe anführen. Marcel Kurth, Kai Herpich, Julian Kornelli, Daniel Pfaffengut und Alexander Ehl werden um die Plätze daneben kämpfen und sind vielleicht auch für die eine oder andere Überraschung gut. Chris Bauhof wird auch seine Einsätze bekommen

Zum Schluss noch eine persönliche Frage für sie als Engländer: Nach den katastrophalen Folgen durch den ungeregelten Brexit im März und der Wiedereinführung der absoluten Monarchie im Juni fällt die anstehende Krönung von König Charles auf denselben Tag wie das erste Derby gegen Mannheim. Werden Sie trotzdem zur Krönung nach England reisen?

Hail to the king!

Disclaimer: Alles frei erfunden.

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Kleine Schritte

Nachdem das Schwenninger Eishockey ein tiefes Tal durchschritten hat und Motivation und Lust bei vielen Fans auf den Nullpunkt sanken, muss man mit etwas Abstand und einem reflektierten Blick anerkennen, dass es – wenn auch in kleinen Schritten – in die richtige Richtung zu gehen scheint.

Die Mannschaft

Torlose Spiele en Masse, mit wenigen Punkten am Tabellenende – Paul Thompson hat eine Trümmertruppe übernommen und man muss ihm hoch anrechnen, dass er die Mannschaft im Rahmen ihrer Möglichkeiten wieder in die Spur gebracht hat. Es ist keine Play-Off Truppe und die Mannschaft muss am Maximum spielen und auch sonst vieles gut laufen, dann kommen so tolle Siege wie gegen Mannheim oder Ingolstadt heraus. Aber in der Summe ist es einfach zu wenig und das muss man für die letzten knapp zwei Monate jetzt auch akzeptieren.

Es ist Konsens, dass es für die nächste Saison Änderungen geben muss, aber es geht in kleinen Schritten vorwärts und es tun sich sogar Lichtblicke in der aktuellen Mannschaft auf. Aber man muss genau hinschauen. Ein Bukarts hat nach seiner Tribünenauszeit wirklich ein oder zwei gute Spiele abgeliefert – aber reicht das? Ein Hult hatte sein übliches Zwischenhoch, ein Bartalis seine übliche Verletzungspause. Licht und Schatten mit einer Ausnahme: Anthony Rech. Unerwartet – auch ich hätte ihm das nicht zugetraut – hat er sich in dieser Saison deutlich gesteigert und spielt seit Wochen und in wechselnden Reihen konstant auf einem Niveau, wie es bei uns ein Ausländer haben muss. Seine 16 Tore katapultieren ihn ligaweit auf Platz 6 und wenn man ein bißchen mit den Zahlen spielt, seine Scoringwerte hochrechnet und dabei die Cortina-Wochen außen vor lässt, dann ist er auf Kurs 35 – 40 Punkte. Das haben in Schwenningen in den vergangenen Jahren nur Will Acton und Damien Fleury gezeigt. Es ist schön zu sehen, dass in dieser Mannschaft so ein „hidden gem“ schlummerte und Paul Thompson in der Lage war es zu finden und zu fördern. Auch Marcel Kurth ist da ein Kandidat, der unter Thompson wieder zu besserer Form gefunden hat.

Der Trainer

Paul Thompson ist in Schwenningen sehr gut angekommen. Klare Ansagen, volksnah, verlässlich, aktiv im Coaching und mit einer Vorstellung vom Hockey, die dem sehr nahe kommt, was man in Schwenningen gerne sieht. So sehr ich Cortina gemocht habe und wir ihm auch die Play-Offs im Vorjahr zu verdanken haben, Thompson ist bis jetzt nicht nur ein kleiner sondern mindestens ein mittelgroßer Schritt vorwärts.

Die Nagelprobe wird die kommende Saison sein, wenn er bei der Teamzusammenstellung mitreden darf, wenn er „sein“ Team coachen darf. In diesem Jahr konnte er nicht mehr viel verlieren, ich hoffen und wünsche mir, dass er das im nächsten Jahr auch so bestätigen kann.

Vorausgesetzt er darf nach dem 29. März überhaupt noch in Deutschland arbeiten. 😉

Die nächste Saison

Es gibt klare Analysen von Thompson, Rumrich und Co. im Hinblick auf die neue Saison. Das alleine ist für mich noch kein Schritt vorwärts, denn diese Analysen gab es auch im letzten Sommer und bei der Umsetzung haperte es dann gewaltig. Warum sollte es in diesem Jahr besser sein? Warum sollten wir uns nicht wieder an saunierenden Finnen und durchschnittlichen Deutschen die Finger verbrennen?

Zeichen, die dafür sprechen, dass jetzt wirklich Taten folgen, sind die organisatorischen Veränderungen, die Abkehr vom „Deutschen Weg“ und die klare Einbindung von Paul Thompson mit seinem nordamerikanischen Netzwerk. Ich weiß nicht, wie unter Cortina und Rumrich die Zusammenstellung der Mannschaft lief, aber über all die Jahre hatten die beiden massive Probleme für uns geeignete Ausländer an den Neckar zu lotsen. Hier weht mit Thompson ein frischer Wind und so wie er sich öffentlich positioniert, wird er auch intern dafür einstehen. Ich schätze ihn als „ehrliche Haut“ ein, der auch zu seinen Prinzipien steht.

Positiv sehe ich auch die Formen, die der Kader für das nächste Jahr so langsam annimmt. Der Fokus liegt auf wichtigen Verlängerungen. Mit Strahlmeier, Sacher und Bassen hat man sich auf Spieler konzentriert, die auch als Identifikationsfiguren taugen und in Fankreisen weitestgehend unstrittig sind. Natürlich kann man hinterfragen, ob man einem DEL-Unerfahrenen Bassen gleich drei Jahre Vertrag gibt, aber die grundsätzliche Richtung stimmt. Dass man jetzt mit Rech spricht, ist auch ein gutes Zeichen und ein kleiner Schritt vorwärts zu den vergangenen Jahren, wo man gefühlt und ohne Not sehr früh alles verlängert hat, was nicht bei Drei auf den Bäumen war.

Ja, es stehen auch Abgänge schon fest. Bittner und Höfflin mögen auf den ersten Blick Schwächungen sein, aber beide sind und waren leistungsmäßig nicht unumstritten und kamen von den finanziell gut zahlenden Adlern und gehörten bei uns vermutlich ins obere Gehaltsregal. Zudem wollen wir alle den Umbruch und Umbruch bedeutet eben auch einige Abgänge. Ich weine den beiden keine Träne nach, denn es werden neue Spieler kommen und beide haben Schwenningen nicht geprägt, an beide wird man sich in 10 Jahren nicht mehr erinnern.

Die Causae Rumrich und Danner

Bleiben neben dem Sportlichen noch die Misstöne im Umfeld, die Spaltung innerhalb der Fans und der Keil, der zwischen Fans und Geschäftsführung getrieben wurde. Aufhängen tut sich der Konflikt besonders an zwei Personen: Kapitän Simon Danner, der mit einigen unglücklichen Aktionen und Aussagen unnötigerweise Öl ins Feuer gegossen hat und Manager Jürgen Rumrich, dem viele Fans eine ebenso große Mitschuld an der Misere wie Pat Cortina anlasten und der im Gegenzug zum geschassten Cortina noch mit einer Vertragsverlängerung „belohnt“ wurde.

Auch hier sehe ich aber kleine Schritt vorwärts. Danner und die Kurve werden in dieser Saison zwar keine Freunde mehr und ich würde mir auch einen anderen Kapitän wünschen, aber hier sehe ich keinen akuten Handlungsbedarf. Denn mit einem reinen Blick auf das Sportliche ist Danner wertvoll für uns, er hat punktemäßig durchaus die Chance seine beste DEL-Saison zu spielen. Ihm jetzt ohne Not die Kapitänsbinde zu entziehen würde zwar für einen schnellen Beifall aus der Kurve sorgen, aber es bringt Unruhe in der Endphase einer Saison, die man jetzt anständig zu Ende bringen sollte. Außerdem ist er im nächsten Jahr sowieso noch da und die neue Saison, mit neuen Spielern und einer neuen Hierarchie in der Mannschaft ist eine viel bessere Möglichkeit die Kapitänsbinde neu zu vergeben.

Bei Rumrich ist die Sache schwierig. Ich halte ihn natürlich für mindestens mitschuldig an der Kaderzusammenstellung und ich finde insbesondere seine kommunikativen Pannen sind für einen Mann in seiner Position untragbar, aber die Gesellschafter haben sich für ihn entschieden und dann muss man das auch akzeptieren. Wer die Musik bestellt…. und so weiter. Oder ich muss die Konsequenz ziehen und dann wirklich wegbleiben. Aber Woche für Woche immer wieder über das Gleiche meckern ist nicht zielführend. Vor allem wenn es sich nicht ändert und ändern lässt. Die kleinen Schritte vorwärts sind da eher die Justierungen in der Organisationsstruktur und ein Rumrich, der sich in den letzten Woche in der Presse deutlich rarer gemacht hat. Er gibt weniger Interviews, er lässt sich viel weniger mit widersprüchlichen Aussagen zitieren und er scheint im Moment einfach seine Arbeit zu machen. Man hat ihn aus der Schusslinie genommen. Die Vertragsverlängerung von Strahlmeier muss man ihm anrechnen, da hat er gute Arbeit geleistet.

Und da die Gesellschafter über direkte Kanäle den Kontakt mit den Fans suchen – auch wenn es nicht unbedingt konkrete Ergebnisse gibt – sind diese kleinen Schritte für mich Grund genug, dass man jetzt zu einer Art „Waffenstillstand“ im Bezug auf Rumrich kommen sollte. Er ist jetzt da, er wird nächste Saison noch da sein und wir Fans wollen im nächsten Jahr auch noch da sein. Also sollten wir uns mit den Gegebenheit irgendwo arrangieren. Klar ist aber auch, eine weitere „letzte Chance“ wird es für ihn nicht mehr geben.

Fazit

Es ist noch lange nicht alles Gold was glänzt und diese Saison wird sportlich kein Erfolg werden, aber der Ausblick auf die kommende Saison ist nicht mehr ganz so trostlos wie er noch vor zwei Monaten schien.

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All in!

Paul wer? Paul Thompson heißt der neue Trainer in Schwenningen. Ein 53jähriger Engländer mit singapurischen Wurzeln und ohne nennenswerte Spielerkarriere, der den Großteil seiner Coachingzeit in der drittklassigen englischen Liga verbracht hat, dort aber immerhin viermal den Titel holte. Natürlich kann man jetzt alle Witze von „Hoffentlich kommen wir nie ins Elfmeterschießen“ bis zu „Der Mann vom Brexit für den DELexit?“ reißen und natürlich ist es richtig auf die niedrige Qualität der englischen Liga hinzuweisen – aber bei einer genaueren Betrachtung kann man einige andere Aspekte feststellen. Gleich z.B. zum Satz davor. Auch in einer schwächeren Liga muss man sich erstmal gegen alle Konkurrenten durchsetzen, das hat er mehrfach geschafft und das ist ein Qualitätsmerkmal.

Blicken wir auf die Rahmenbedingungen in Schwenningen: Man steht im Keller, die Mannschaft ist limitiert und Geld ist auch nicht im Überfluss vorhanden – welcher Trainer aus dem oberen Regal ist da überhaupt bezahlbar und gewillt das Himmelfahrtskommando unter Rumrich anzutreten? Ein Krupp oder ein Zach würden zur Bedingung machen, dass ein Rumrich geht. Davon kann man doch ausgehen. Also muss man entweder einen der Haudegen wie Bill Stewart suchen, die schon überall waren und einen zweifelhaften Ruf im Gepäck haben. Oder man nimmt einen Unbekannten, man geht ins Risiko. Das ist genau das Risiko, dass wir als Underdog und kleiner Club auch mal gehen müssen.

Thompson hat nichts zu verlieren. Eine schlechtere Bilanz als Cortina ist kaum möglich, er kann also nur positiv überraschen. Und Rumrich weiß auch, dass er ein Manager auf Abruf ist. Auch wenn die Gesellschafter (noch) nicht zu einem Kurswechsel bereit sind, der gute Jürgen weiß, dass viel dazu nicht fehlt. Top-Trainer bekommt er nicht, also hilft es ihm doch auch, wenn er sich da einen Unbekannten ins Team holt.

Und in der Vergangenheit? Ein Stefan Mair kam ebenfalls aus einem unterklassigen Eishockeyland. Die Zeit mit ihm war gar nicht so schlecht, dafür hat manch Kanadier hier bitterlich enttäuscht.

Also: Es liest sich lustig, aber man sollte ihm eine Chance geben. Für mich ist das genau so ein ungewöhnlicher Weg, der Schwenningen auch ausmachen kann. Ich habe keine Ahnung wie er coacht, auf was er Wert legt, welches Eishockey er spielen lassen möchte – aber ich bin darauf gespannt. Immer was neues am Neckar.

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Die Cortina-Demission

Nach über zwei Jahren seriöser Ruhe und mit dem Erreichen der Play-Offs einer wirklich schönen vergangenen Saison, ist mit dem gestrigen Rauswurf von Pat Corina die Aufregung nach Schwenningen zurückgekehrt. Stellen wir zu Beginn gleich fest: Die Entlassung ist zwingend richtig. Schauen wir uns zwei Sachen an:

1. Die sportliche Leistung ist bar jeder Diskussion unterirdisch und schlecht. Kaum Punkte, kaum Tore, abgeschlagen letzter. Auch wenn immer wieder von einer Ergebnis- und keiner Leistungskrise gesprochen wird, man wird rund um die Helios Arena niemanden finden, der mit der Leistung zufrieden ist. Und langsam gehen auch die Ausreden (Pech, blöder Schiri, lange Busfahrt) aus. Es musste also etwas passieren.

2. Pat Cortina hat sich – das ehrt ihn – mehrfach vor die Mannschaft gestellt, gesagt, er glaube an die Mannschaft und immer wieder geäußert, er wisse nicht warum diese nicht alles geben. Unabhängig von seiner durchaus diskussionswürdigen Art Eishockey spielen zu lassen, das ist ein öffentliches Eingeständnis der Unfähigkeit die Mannschaft zu erreichen. Wenn der Bauleiter einstürzende Mauern bauen lässt und schulterzuckend antwortet, er wisse auch nicht warum seine Maurer die Steine hochkant aufsetzen, er habe ihnen das schon häufiger gesagt – dann muss entweder die Mannschaft oder der Trainer gehen. Wir sind im Sport, die Mannschaft kann man nicht entlassen.

Danke, Pat Cortina. Für das Erreichen der Play-Offs, für seriöses und ruhiges Auftreten – auch wenn ich Deine Art Eishockey, Dein steriles Defensivhockey nie geliebt habe. Der Rauswurf musste jetzt erfolgen.

Wo die Kritik aber anzusetzen hat, ist die Frage ob das alles ist. Was ist mit der Mannschaft, die durch die extra Erwähnung von Gesprächen mit dem Mannschaftsrat in der Pressemitteilung zur Demission, offensichtlich selber zur Säge gegriffen hat? Können sie jetzt wieder Eishockey spielen? Warum exponiert sich ein Manager, der spätestens nach einem fragwürdigen Fantalk einen sehr schweren Stand in weiten Teilen der Fanszene hat, indem er sich selber als Trainer in die vorderste Reihe stellt? Sonst befördert man für eine Übergangsphase den Co? Oder nimmt Wayne von der Jugend? Und warum gibt es keine einzige Silbe Eingeständnis an einer Mitschuld an der Situation durch den Manager (Mannschaftszusammenstellung) und den Co-Trainer (holt alle alten Buddys aus Finnland ins Team)? Und was ist nun mit der Verstärkung der Mannschaft, die seit Wochen immer wieder neu versprochen wird während andere Teams in Europa ohne Problem fündig werden?

Es sind viele Frage, zu viele Fragen, die um die Helios Arena schwirren und der Freitag wird ein interessantes Spiel werden. Es herrscht Unmut und Wut und es kommt ein Gegner, der vermeintlich auf Augenhöhe ist. Ich glaube persönlich nicht, dass schnelle Erfolge – die angesichts der fehlenden Qualität der Mannschaft sowieso fraglich sind – die Unzufriedenheit und die großen Fragezeichen bezüglich der generellen Ausrichtung überdecken können. Es wird weiter brodeln und ich würde mir wünschen, dass sich die Geschäftsführung erklärt und klar positioniert. Nicht unbedingt auf einem Fantalk, aber entweder per ausführlichem Statement oder per Pressekonferenz. Die Fragen, Sorgen und den Unmut der Fans können sie dauerhaft nicht ignorieren.

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Die Systemfrage

Indiskutable 7 Tore, mickrige 3 Punkte und ein zementierter Platz am Tabellenende – auch in Schwenningen sind es noch 2 1/2 Monate bis Weihnachten, doch schon jetzt brennt der Baum lichterloh. Versuchen wir mal die ganze Situation aufzudröseln und zu analysieren. Denn Aktionismus hat selten Glück gebracht, der Kopf eines Trainers oder Managers ist schnell gefordert, doch was wenn die Probleme tiefer liegen?

Ausgangslage

Die war gut. Im letzten Jahr haben wir eine Saison erlebt, in der uns vieles reingelaufen ist. Nicht unbedingt zu erwartende Leistungssprünge von Strahlmeier und Poukkula, keine schwerwiegenden Verletzungen auf den wichtigen Positionen, eine ungerade Tabelle, die uns über viele Wochen besser dastehen ließ, als wir eigentlich waren und am Ende die erstmalige Qualifikation für die Play-Offs in der DEL Neuzeit. Auch wenn wir dann dort ziemlich chancenlos waren und das Cortina’sche Defensivhockey nicht immer ansehnlich war, es stand eine kämpfende Mannschaft auf dem Feld und dies wurde vom Schwenninger Publikum honoriert. Die Enttäuschung über das Play-Offs Aus verflog auch deshalb schnell, weil fast jedem klar war, wo die Potentiale zur Verbesserung liegen. Bessere Bullyquote, besseres Powerplay, mehr Tore. Die Last nicht mehr allein bei der individuellen Klasse von Acton und Fleury abladen und nette, aber in der Summe doch limitierte, Spieler wie Bartalis, Rech oder Hult gegen stärkere und torgefährlichere Kontingentspieler auszutauschen. Mit wem man auch sprach, fast jeder sagte, wir tauschen die 3 oder 4 Schwachstellen aus, drehen ein bißchen an den Schrauben und dann rocken wir das nächste Jahr. Es war Euphorie da und spätestens als Gesellschafter Michael Werner genau die Kritikpunkte öffentlich ansprach, herrschte Zufriedenheit rund ums Schwenninger Moos.

Doch dann wurde es sukzessive schlechter. Man gab Maurer und Bender ab ohne für Ersatz zu sorgen, verlängerte mit Hult, Bartalis und Co, gab Acton und Fleury ab und wollte dies durch Tiefe im Kader ersetzen. McRae, Korhonen und Bukarts – keiner riß den gemeinen Schwenninger Fan mehr vom Hocker und die Skepsis begann zu überwiegen. Warum spiegelte sich die richtige Saisonanalyse überhaupt nicht im Kader wider? Wer soll die Tore schießen? Wie will ich den Leader und die 45+ Punkte von Acton ersetzen? Kommunikative Patzer, wie einen Top-Spieler anzukündigen und dann mit Hult zu verlängern, dabei ganz außen vor gelassen.

Saisonauftakt

Die Vorbereitung war durchwachsen, schon da fielen die Wild Wings nicht eben durch Torhunger auf. Doch Vorbereitung ist Vorbereitung und wichtig ist was in der Hauptrunde passiert. Dort passierten leider zwei Dinge. Zum einen schlug das Verletzungspech zu und raubte uns mehrere Kontingentspieler, die als tragende Säulen eingeplant waren. Zum anderen erwiesen sich die Fußstapfen von Acton und Fleury für die Neuverpflichtungen als viel zu groß. Sie sind zwar alle läuferisch gut, aber McRae für seine Körpergröße ein halbes Hemd, Bukarts wetterwendisch mit Licht und Schatten und Korhonen bis auf das Tor gegen Nürnberg auch nicht produktiv. Der kämpferische Sieg gegen Nürnberg überspielte dabei die Probleme, die dezimierten Nürnberger waren schwächer als sie auf dem Papier sind. Seitdem achtmal verloren, fünfmal ohne eigenen Torerfolg. Und leider nicht nur knappe und vom Einsatz her akzeptable Niederlagen wie gegen Berlin, sondern auch klägliches „in-das-eigene-Schicksal-ergeben“ wie in Ingolstadt.

Sichtbar wurden dabei alle im Vorfeld befürchteten Probleme und die vollständige Ignoranz der Analyse. Die Klasse von Acton und Fleury, Spieler, die auch mal ein Spiel alleine entscheiden können, lassen sich nicht durch Tiefe auffangen. Das Powerplay ist noch schlechter geworden und die Bullyquote ist weiterhin unterirdisch. Dazu kommt dann noch, dass auch die Defensive nicht mehr so sattelfest ist wie im Vorjahr. Alles belegbar auch durch Zahlen: Die wenigsten Tore, die sechstmeisten Gegentore, 4 Gegentore in eigenem Powerplay, ein Topscorer mit kümmerlichen 2 Pünktchen, 5,26% Überzahlquote, die schlechteste Bully-Quote. Durch und durch ein nicht-ligataugliches Kellerkind.

Lösungen

So richtig viel kann man den Spielern gar nicht vorwerfen. Die meisten spielen das, was sie können. Die meisten sind keine Torjäger, es sind solide und nette Arbeiter, gute Mannschaftsspieler. Da kann man auch als Trainer nicht viel machen, aus einem Ackergaul wird kein Rennpferd. Also eine andere Taktik? Auch das ist schwer, denn Cortina lässt die Mannschaft das spielen was sie kann, defensiv gut stehen, unangenehm sein, laufstark sein. Rennen wir nach vorne, dann sind wir hinten offen. Neuverpflichtung: Ja, das kann bedingt helfen. Wenn man einen Kaliber Acton findet, dann kann der zumindest etwas für Entlastung sorgen und den einen oder anderen Treffer beisteuern und auflegen und so den Druck von seinen Kollegen nehmen. Aber warum sollte man jetzt auf einmal einen finden, wenn man den ganzen Sommer über keinen gefunden hat und dann ohne Not/in großer Not mit Hult verlängert hat? Wahrscheinlich bräuchte man eher zwei solcher Spieler, aber das ist sowohl finanziell wie von der Zahl der Ausländerlizenzen her gar nicht möglich.

Aus diesen Gründen spreche ich mich klar gegen einen Trainerwechsel aus. Ja, ein neuer Spieler tut uns gut, aber ich finde man muss bereits jetzt die Weichen für das neue Jahr stellen. Und das führt uns zur..

Systemfrage

Grundsätzlich ist der „deutsche Weg“ und das „Defensivhockey“ gar nicht so verkehrt. Leider krankt es beim deutschen Weg an drei Punkten:

1) Die wirklich talentierten jungen Deutschen kommen nicht zu uns. Ein Hungerecker oder Wissmann im Vorjahr, die spielen nicht in Schwenningen. Wir kriegen dann entweder welche, die schon älter sind (Mitte 20) und/oder bei den großen Teams durchgefallen sind (Bittner, Höfflin, etc..). Meistens gibt es auch einen guten Grund dafür, dass die dort durchfallen: Sie sind nicht gut genug.

2) Als Folge davon zahlen wir für mittelmäßige deutsche Spieler zu viel Geld. Die Rahmenbedingungen: jung, am besten heimatverbunden, keine Zweiflaggenspieler machen den Markt so eng, dass wir ein Großteil unseres Budgets für Spieler wie Höfflin, Danner, Bittner, Brückner, Wörle, etc.. verbrauchen. Ja, ein Danner ist ein netter und guter Arbeiter – aber doch kein Leader einer Powerplay Formation.

3) Um die Schwächen der deutschen Spieler und die Höhen und Tiefen der Talente auszugleichen braucht es starke Ausländer, die dauerhaft scoren, die vorangehen, an denen die jungen Spieler wachsen können. Leider haben wir davon kaum welche. Hult, Rech oder Bartalis sind biedere Mannschaftsspieler, die für eine Lizenz einfach zu schwach sind. Ob das nun an mangelndem Budget oder dem fehlenden Netzwerk liegt, das ist schwer zu beurteilen. Es ist schon verdächtig, wenn ein Manager erstmal nach Nordamerika fliegen muss um die Stärken der Ligen kennenzulernen, von dort kein Spieler kommt, und wir stattdessen jeden holen, der schonmal von weitem einen Blick auf Petteri Vekkipärta erhaschen konnte und nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Nochmal: Die Absicht und das Ziel sind absolut zu begrüßen, aber wahre Größe ist es dann auch, wenn man Fehler eingesteht und nachjustiert. Ich bin der Meinung man muss etwas ändern. Ganz wichtig ist der Fokus auf den Nachwuchs und die Kooperationen zu behalten, dann kommen irgendwann auch wieder die Talente, die man haben wollte. Gleichzeitig sollte man sich aber öffnen, auch hin zu Zweiflaggenspielern und zu Ausländern aus Nordamerika, die wieder etwas ruppiger daherkommen und nicht so brav sind wie unsere Finnen. Keine Säufer wie Bukowski, Chyzowski und Co. – aber Spieler, die auch mal dazwischenhauen, die auch mal aus der Norm ausbrechen, die das Unerwartete machen.

Blicken wir in einem kleinen Exkurs nach Iserlohn: Die meisten Tore geschossen, die meisten Tore kassiert, die meisten Strafminuten und auf Platz 8 in der Tabelle. Da blickt man schon mit mehr als einer Träne im Auge sehnsüchtig ins Sauerland. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses „wilde“ Eishockey in Schwenninger besser ankommen würde als unser derzeitiges Eisschach.

Fassen wir das nochmal zusammen: Ich befürchte, dass die Saison schon fast gelaufen ist, das Kind ist in den Brunnen gefallen. Dies kann passieren und Schwenningen wird auch das überleben. Holen wir uns noch ein paar Rekorde (die wenigsten Saisontore, die meisten Zu-Null-Niederlagen, etc.) und stellen wir frühzeitig die Weichen für das nächste Jahr. Ob dafür ein Manager Rumrich noch der Richtige ist? Ob ein Trainer Cortina anderes Eishockey spielen kann. Ich habe starke Zweifel.

Aber so wie jetzt kann es nicht weitergehen.

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Die Bukarts-Überraschung

Es ist gerade mal eine gute Woche her, dass die sportliche Leitung mit der Weiterverpflichtung von Andree Hult für viel Mißstimmung unter den Schwenninger Fans gesorgt hat. Man sagte außerdem, der Kader sei voll und klar – man wolle die Augen und Ohren offenhalten, doch angesichts der Rückgänge im Sponsorenbereich hat ernsthaft keiner mit einer weiteren Verpflichtung gerechnet. Bonjour Tristesse rund um das Schwenninger Moos. Mitten rein in diese Stimmung platzte gestern die Verpflichtung von Rihards Bukarts. So schnell und so sinnvoll, das kam überraschend und hier muss man dem Management ein Lob für diesen Coup zollen.

Klar, man kann kritisieren, ob man statt Hult und Bukarts nicht lieber einen überragend guten Spieler geholt hätte, aber es weiß keiner von uns wie die genauen Abläufe waren und wie schnell ein Bukarts verfügbar war und so weiter. Betrachtet man das unter sportlichen Gesichtspunkten, dann hat man mit Bukarts sehr viel richtig gemacht. Er ist mit gerade einmal 22 noch richtig jung, richtig hungrig und als Lette technisch und läuferisch gut ausgebildet und hat im letzten Jahr in einer erfolgreichen Berliner Mannschaft mit sehr viel Energie gespielt. Obwohl er erst sehr spät zum Team stieß und die mangelnde Eingespieltheit offensichtlich war, konnte er respektable 8 Punkte in 16 Spielen einfahren.

Bukarts ist dazu endlich der ersehnte Rechtsschütze für die vorderen Sturmreihen und passt mit seiner technisch orientierten Spielweise und der überschauberen Körpergröße genau in unser Konzept. Dazu bringt er Erfahrung aus der AHL und KHL mit und hat für Lettland schon an zwei Weltmeisterschaften teilgenommen. Er gibt uns mehr Optionen und Tiefe, erhöht den Druck auf unsichere Kantonisten wie Rech oder Bartalis und gibt Hult das beruhigende Gefühl, dass es jetzt nicht ganz so tragisch ist, wenn der sich seine üblichen Verletzungspausen nimmt. Am meisten an der Verpflichtung begeistert mich aber das Entwicklungspotential.

Wir sprechen in Schwenningen gerne von „jungen deutschen Spielern“ und meinen dann Leute wie Höfflin, Bittner oder Sacher. Diese sind aber gar nicht mehr jung, die sind bald im besten Eishockeyalter und da ist die Entwicklung vom Talent zum gestandenen Spieler bereits abgeschlossen, da sind keine großen Sprünge mehr zu erwarten. Bei Bukarts ist das anders, der kann wirklich noch explodieren.

Bleibt natürlich die Frage, warum so einer nach Schwenningen kommt, der im Umfeld der WM noch davon gesprochen hat, dass er sich selber in der KHL/NHL sieht. Klassischer Fall von „verzockt“ vermutlich. Aber das ist gar nicht negativ gemeint und jeder Spieler, den wir holen, hat so seine Macken. 11 Vereine in 9 Jahren, munter verteilt über alle Kontinente, da kommt ein Wandervogel, da kommt keiner, der sich konstant mit einem Verein identifziert, vielleicht auch kein ganz einfacher Charakter. Er sucht seine Chance und wenn er bei uns die Leistung bringt, dann ist er schneller wieder weg als in Schwenningen das Bier verbraucht wird. Doch ein Jahr Freude kann er uns dann immer noch machen.

In der Summe hat sich nach letzter Woche einiges aufgehellt und es ist im Nachhinein schade, dass man ihn und Hult nicht gleichzeitig oder in umgekehrter Reihenfolge verkündet hat. So hat man sich unnötig Ärger eingefangen. Der Kader ist jetzt natürlich auch kein sicherer Play-Off Kandidat – das wäre in Schwenningen auch vermessen – und es bedarf weiterhin vieler „Wenns“ und „Wäre wäre Fahrradkette“ für den Erfolg, aber ein paar grundlegende Sorgen – auch im Hinblick auf die finanzielle Ausstattung – hat diese Verpflichtung zumindest bei mir vertreiben können.

Letzte Woche habe ich uns keine Chance gegeben, jetzt sehe ich immerhin die Chance auf eine Chance auf die Play-Offs. Und das ist das Los der Wild Wings und das ist auch gut so. Packen wir es an.

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Es ist schade…

Liebe Jürgen Rumrich,
lieber sportliche Leitung,

ich – und viele Fans – können damit leben, wenn man mit der Wahrheit ums Eck kommt. „Wir haben Sponsoren verloren, das Minus aus der letzten Saison, laufende Nebenkosten haben sich erhöht, Strahlmeier und Sacher wurden teurer – wir müssen leider am Etat für die Spieler etwas sparen, bemühen uns dafür aber Spieler mit Herz und Leidenschaft an die Neckarquelle zu lotsen, die zumindest jede Woche ein Erlebnis in die Helios-Arena zauben.“ Natürlich ist das dann trotzdem sehr bitter, dass es selbst nach der erfolgreichsten Saisons der jüngeren Vereinsgeschichte nicht möglich scheint, an der Sponsorenfront signifikante Verbesserungen zu erzielen. Aber dann weiß man woran man als Fan ist. Noch bitterer ist es, wenn sich der Gedanke permanent in den Vordergrund drängt, dass man kräftig verarscht wird.

Ich war lange ruhig, wollte mich erst wieder äußern, wenn auch der Sturm komplett ist. Das ist nun heute mit der Verlängerung von Andree Hult geschehen. Und leider hat man wie in der Verteidigung auch auf dem Papier einen Rückschritt gemacht. Den Abgängen Will Acton (Top Scorer und Lebensversicherung), Damien Fleury (Torjäger), Uli Maurer (bissiger, solider Arbeiter) und Lennart Palausch (Talent ohne Perspektive) stehen mit McRae und Korhonen zwei ausländische Neuzugänge entgegen, die in große Fußstapfen treten müssen. Kornelli könnte ein Upgrade zu Palausch sein, die Position von Maurer wird – wie sein Pendant in der Abwehr, Tim Bender – nicht ersetzt.

Es wäre nur fair zu warten, bis Korhonen und McRae einen Fuß auf Schwenninger Eis gesetzt haben. McRae hat durchaus gute Werte aus der AHL im Gepäck und beide kennt man im Schwenninger Trainerstab persönlich, beide verfügen über eine gute „work ethic“. Ich will und kann diese gar nicht schlecht schreiben, es ist durchaus möglich, dass sie Fleury und Acton vergessen machen können, es ist nur nicht unbedingt wahrscheinlich. Dass die sportliche Leitung das ähnlich sieht, konnte man daran erkennen, dass zusätzlich ein Center der Extraklasse versprochen wurde, sich man damit Zeit lassen möchte um den richtigen zu finden. Beabsichtigt oder nicht, hier wurde ein Erwartungsdruck aufgebaut, der spätestens dann erste Risse bekam, als Cortina sich zitieren ließ, dass man überlegt stattdessen einen deutschen Center zu holen und jeder Fan mit wenigen Minuten Internetrecherche erkennen konnte, dass der Markt für deutsche Center „der Extraklasse“ leergefegt ist.

Der Luftballon bläst sich auf, die Fans träumen von einem wirklich starken Center und – plopp – wird Andree Hult aus dem Hut gezaubert. Ich habe nichts gegen ihn, solider Spieler, Arbeiter, Kämpfer – aber er ist drei Jahre hier, stagniert in seinen Leistungen, ist verletzungsanfällig und die Hoffnung, dass er mit 30 Jahren nochmal explodiert – da kann ich auch genauso hoffen, dass Brückner ein Angebot aus der NHL bekommt oder die KEB Pyrotechnik erlaubt. Hult hat sein Level, ich würde ihn jederzeit statt Bartalis für das Secondary Scoring nehmen, aber er ist kein Top-Center für die Scoring Line in der DEL und wird das auch nie mehr werden.

Der Schwenninger Weg steht für ehrliches Eishockey, dann seid bitte auch ehrlich zu den Fans. Das haben sich die treuen Anhänger verdient. Sagt, wir müssen kleinere Brötchen backen und sprecht nicht von Spielern, die dann nicht geholt werden können. Sprecht nicht von den Schwächen, die ihr erkannt habt, wenn ihr dann nichts daran verändert. Sagt uns ehrlich, wenn das die Mannschaft ist, die wir uns leisten können, aber versucht uns nicht weiszumachen, dass sich die Mannschaft nur dadurch verbessert, dass sie einfach noch ein Jahr länger zusammenspielt. Es gibt Fans, die gehen länger zum Eishockey als der Manager alt ist, die sehen auch, dass wir zwar eine Menge vernünftige Spieler mit, aber viele davon auch limitiert sind. Und sie sehen auch, dass ein Sturm mit nur zwei Rechtsschützen – und die noch in den hinteren Reihen – unausgewogen zusammengestellt ist. Gerade im Powerplay geht so etwas auf Kosten der Variabilität. Unser Sturm hat im letzten Jahr 103 Tore geschossen – so wenig kann man mit einer ebenfalls nicht verstärkten Abwehr hinten gar nicht weniger kassieren, um das auszugleichen. Und sich auf Strahlmeier alleine zu verlassen, ist auch gefährlich. Mit dem Kader wird die Saison ein Ritt auf der Rasierklinge, bitte benennt das auch klar.

Das Schwenninger Publikum ist treu und leidensfähig, aber es wird nicht gerne für dumm verkauft. Ich gebe der Mannschaft wie jedes Jahr eine faire Chance, aber die sportliche Leitung hat den Kredit, den sie sich mit dem tollen Platz 10 im Vorjahr erkämpft hat, durch das Verhalten in der Sommerpause wieder verspielt. Nicht durch die Transfers, ich glaube, dass diese Sachzwängen geschuldet sind, sondern vor allem durch die unterirdische Kommunikation.

Und das ist so verdammt schade, denn das ist im Prinzip völlig unnötig.

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